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;8.12.2009, heute stelle ich einen weiteren Ausschnitt aus "Kapitel14" hier bereit. Es handelt sich dabei um "Kapitel 5" . Das Thema ist die letzte Erprobungsfahrt. Eine Fahrt ins Baltikum die uns Russland schon ganz Nahe kommen lässt.


Kapitel 14




ISBN: 978-3-00-024755-2





Kapitel 5, Baltikum, Der Entschluss



Der polnische Straßenatlas ist die erste Investition. Gutes Kartenmaterial macht sich immer bezahlt, hier sofort. Wir stehen in der ersten polnischen Stadt nach der Grenze, hier endet unsere Deutschlandkarte. Wir sind auf Nebenstraßen und in dem Maßstab der Europakarte ist dieses Nest nicht einmal aufgeführt. An der Tankstelle an der Kreuzung gibt es die Rettung, den ORLEN Straßenatlas Polen 1:300000. Susanne ist wieder fit für die Navigation auf 255 Seiten. 200 Kilometer am Tag, das ist der Schnitt bis hierher, in Russland müssen wir weiter kommen oder einen Monat länger bleiben. Bisher gehe ich von 300 Kilometern am Tag aus, mit kleineren Aufenthalten sollte die Reise an den Baikal nicht länger als einen Monat dauern. Die Straßen in Polen sind schmal, mit Baustellen gesäumt und huckelig. Ab 50 km/h hebt die Vorderachse ab und der W50 springt von Erhebung zu Erhebung. Die uralten Alleebäume werfen schönen Schatten, doch sind sie auch stets eine Gefahr. Entweder ist dem Gegenverkehr schlecht auszuweichen oder die Äste sind so tief, dass der Kofferaufbau mit ihnen kollidieren könnte oder die Wurzeln treiben Beulen aus der Straße, die nach den abgeschliffenen Kuppen auf diesen Straßenerhebungen zu urteilen schon manches Auto aufgeschlitzt haben müssen. Am Sniardwy- See die erste längere Rast, alles ist vergessen. Reibungslos und stressfrei vergeht ein Tag am Sniardwy, dem größtem See im Masurengebiet und ganz Polens. 200 Meter weit hinauslaufen im flachen Wasser auf Sandboden, Schilfbuchten zum Sonnen, die Kinder merkt man kaum. Ein Platz zum Bleiben. Das fast 30 Kilometer weit entfernte gegenüberliegende Ufer ist im leichten Dunst, der über dem See schwebt, nicht auszumachen. Unter riesigen Kiefern ist unser Standplatz nur wenige Meter vom Ufer entfernt. Auf dem Gelände, das an ein Pionierlager erinnert, stehen vereinzelt Zelte und Autos, ein öffentlicher Campingplatz ist das sicher nicht denke ich. Am Abend taucht eine managermäßig gekleidete Frau auf und kassiert 13 Zloty “Kurtaxa“. Doch ein Campingplatz? Erholung fällt hier nicht schwer, außer ein paar entfernteren Wohnhäusern ist ringsum Natur. Nicht ein Verkaufsstand weit und breit.
( Bild Rastplatz am Snjardwy)
Am dritten Tag weiter. Vor der Grenze zu Litauen ist Geduld gefragt, die LKW-Schlange zieht sich durch die Stadt Suwalki, ich schere aus der Reihe der Lastkraftwagen aus. Schon seit einigen Minuten hat sich kein Rad mehr gedreht. Wir fahren den großen Limousinen hinterher. 15 Kilometer vor der eigentlichen Grenze stehen die LKW, die Fahrer schauen uns fragend hinterher.
(Bild Stau, aber nur für LKW.)
Vor uns stehen nur noch 30 Pkw. Aufgeregt sucht Susanne alle Dokumente zusammen, wie wohl die Grenzer auf unser etwas größer geratenes Expeditionsgefährt reagieren? Die Abfertigung geht dermaßen rasant und manche werden nur durchgewunken, langsam zweifeln wir daran, dass dies die Grenze ist. Ist sie auch nicht, hier ist der Vorposten. Versicherung für ausländische KFZ in Litauen. Die höchste Versicherungsprämie gilt für Busse, natürlich soll diese von uns entrichtet werden. Abwechselnd schieben Susanne und ich nun den Wegelagerern die Zulassung vor die Augen. Nach 5 Minuten reicht es ihnen und wir haben eine Versicherung. So richtig schlau wird man daraus nicht aber der Preis ist nur noch ein Viertel vom erst geforderten. Die richtige Grenze ist eine gewaltige Anlage. In viele Spuren gabelt sich die Fahrbahn auf, wir fahren vorerst auf die Busspur. Es dauert nicht lange und eine Abordnung steht unten und klopft ans Fahrerhaus. “Passport i Dokumenta!“ Lange blättern sie hin und her. Einer von ihnen fragt in deutsch: “Haus?“ “Ja, Haus.“ Er strahlt uns an und ist sichtlich stolz, gelöst zu haben mit was wir hier stehen. Einige Minuten vergehen, wir werden auf eine leere Spur gewiesen und müssen alles öffnen. Fotos aller Seiten des W50 und von unten sind schon auf dem Computerbildschirm, die übrigen Daten werden erfasst. Dann geht alles sehr schnell. Nach der Grenze werden die Straßen immer breiter. Ein Schild weist uns darauf hin, dass diese Straßen mit EU-Mitteln gebaut sind. Tschüss polnische Straßen! Die Durchschnittsgeschwindigkeit erhöht sich enorm und am Abend sind wir trotz Geldwechsel und Einkauf kurz vor der lettischen Grenze. An einer Raststätte, die einem Freizeitpark ähnelt, bleiben wir. Die Auswahl an Gerichten ist groß, der halbe Liter Bier kostet 50 Cent und die rustikale Einrichtung ist ganz nach unserem Geschmack. Alle metallenen Beschläge, Haken und Lampen sehen nicht nur handgeschmiedet aus, sie sind es. Die kleine Schmiede des Wirtes ist gleich neben der Küche. Das Fleisch gart in der Freiluftschmiede auf dem ebenfalls geschmiedeten Grill, ein Räucherofen rundet die seltsame Zusammenstellung um das Schmiedefeuer ab. Nils und Erik sind nicht vom Spielplatz zu kriegen. Kahnschaukeln aus Pferdeschlitten, aus dem ganzen geschnitzte Wippen, ausgehöhlte Baumstämme als Spielhaus, umgeben von großen geschnitzten Fabelwesen. Die Machart aller Dinge ist aufeinander abgestimmt. Glattes, poliertes Holz und wenn sichtbare Verbindungen vorhanden sind, dann gefügt mit geschmiedetem Eisen. So muss etwas aufgebaut sein, um sagen zu können,“ es ist aus einem Guss“.
(Bild Litauen Raststätte)
Vielleicht sollten deutsche Politiker vor den nächsten Reformen mal hier vorbeischauen. Die Steigenberger´s, Hilton´s, Intercontinental´s und Kempinski´s scheinen derzeit die Phantasie dieser Leute nicht gut zu beeinflussen. An der lettischen Grenze sind weniger LKW, die Abfertigung ist schnell und nach einer Stunde rollt unser Bär aus Ludwigsfelde der Hauptstadt Riga entgegen. Auch hier sind wieder diese breiten von der Europäischen Union finanzierten Straßen, nur noch breiter. Die LKW, die uns überholen, brauchen den Gegenverkehr nicht beachten, die einzelne Fahrspur ist breit genug um beim Überholvorgang nicht auf die Gegenspur fahren zu müssen. Es sieht gefährlich aus wenn zwei LKW nebeneinander fahrend entgegenkommen und uns auch noch gleichzeitig einer überholt. Nach einigen dieser Situationen haben wir uns daran gewöhnt. Schon nach 3 Stunden sind wir kurz vor Riga. Es regnet in Strömen. Nils und Erik müssen mit Handtüchern die Wassereinbrüche am Fahrerhausdurchgang aufhalten. Es ist zu wenig zu sehen, das gemächliche Fahren mit maximal 40 km/h hinter einem Multicar älterer Bauart erfordert meine ganze Aufmerksamkeit. Riga! Das Unwetter wie weggeblasen, Sonne und lauer Wind empfangen uns zum Stadtbummel. Im Supermarkt ist das Angebot größer als erwartet, deutsche und westeuropäische Waren machen mehr als 50 Prozent des Sortimentes aus. Unseren Bedarf versuchen wir aus lettischer Produktion zu decken, machbar, bis auf die aufgemotzten Lollis für unsere beiden Jungs, die hier genau wie bei uns zu Hause in Kassennähe den Kindern bessere Chancen geben, diesen Süßkram zu erlangen. Nachmittag. Unser W50 steht noch in der Nebenstraße gleich neben der Autowerkstatt wo ich ihn abgestellt habe. Bei dem, was man sonst so über den Osten hört, sitzt der Glaube an hohe Kriminalität noch fest. Das Auto ist da und alles ist gut. Auf der Karte ist unser Rastplatz für heute schon ausgemacht. “Die Küste, Rigaer Bucht! In ein bis zwei Stunden könnten wir das schaffen.“ Das letzte Etappenstück geht durch Urlauberdörfer. Die Hälfte der Urlauberhäuser steht leer, es scheint nicht viel los zu sein. In Küstennähe in Tuja ist nichts mehr von der Geschäftigkeit Rigas zu spüren. Nach Gefühl fahre ich durch den Ort. Die Straße ist noch zwei Meter breit und endet. Nur ein Feldweg führt weiter. Auf einer 400 Meter langen und 100 Meter breiten Wiese ist unser Stellplatz. Nach der Wiese kommt nur noch die Ostsee. Hier steht verloren ein kleines Häuschen mit einem Schild im Fenster, “Parken 0,5 Lats“. Es ist aber niemand im Häuschen. Langsam fahre ich Richtung Ostsee, ich überblicke die Lage und fahre sofort 10 Meter zurück. Steilküste! 30 Meter senkrecht nach unten. Wann und bei wie viel Last so eine Steilküste abrutscht, will ich nicht austesten. Nils und Erik sind begeistert, sie rennen herum und finden einen steilen Steg, der zum Sandstrand führt. Zwanzig Meter breit und gespickt mit Hunderten bunt marmorierter mannshoher Granitfindlinge, eine grandiose Landschaft, die sich ohne Biegungen bis zum Horizont erstreckt. Das erste Bad und schon kommt vom Meer her die nächste Gewitterwand. “Irgendwie steht unser Auto schief!“ “Vielleicht im Sand eingesunken,“ sagt Nils. Der Reifen hinten rechts ist platt und wird zusehends noch platter. Nun muss alles schnell gehen, der hydraulische Wagenheber ist auch schnell bei der Hand, doch auf dem sandigen Untergrund versinkt er. Keine geeignete Unterlage rings umher, es bleiben nur noch die Stufen des Stegs der runter an die Ostsee führt. Mit dem breiten Eichenbrett schabe ich Gras und Sand weg, anders passt der Wagenheber nicht mehr unters Auto. Aus dem Reifen ist schon viel mehr Luft raus. Der Wagenheber steht und das Gewitter bricht über uns herein. Erst mal Pause, im Fahrerhaus verfolgen wir das Naturschauspiel. Die Blitze über dem offenem Wasser zucken so häufig auf, es wirkt als würden sie sich fangen wollen. Das Gewitter hat eine angenehme Temperaturkorrektur bewirkt. Bei der Reifendemontage ist es nun nicht mehr so heiß, der Schweiß rinnt mir dennoch in Strömen. Ein Rad mit 1,10 Meter Durchmesser und breiter Stahlfelge hat sein Gewicht.
( Bild Tuja Reifenpanne)
Ein Auto hält neben mir. Ein Deutscher bietet an, eine Werkstatt zu informieren. Er kann nicht glauben, dass ich mit Holzkeilen, meinen zwei kleinen Montierhebeln und noch einem aus dem Fahrradwerkzeug diesen großen Reifen wechseln kann. Doch die Sprengringfelgen am W50 lassen ohne weiteres zu, mit einfachen Mitteln das Rad zu zerlegen. Wir sollen ihn besuchen kommen. Sein Wohnwagen steht am Ende des Feldwegs und dann rechter Hand neben einem Bauerngrundstück. Der neue Schlauch ist drin, der Reifen hat nur ein kleines Loch und ist weiter nutzbar. Das erste mal benutze ich die Adapter, die ich mir zu Hause angefertigt habe. Über die Druckluftbremsanlage des W50 kann ich damit die Reifen füllen. Eine Dreiviertelstunde. Keine Rekordzeit, aber den Umständen entsprechend gut. Die ersten Sprengringfelgen habe ich vor 18 Jahren als Lehrling auf der LPG montiert. Gelernt ist gelernt! Eine Schraube, M8, 14 Zentimeter lang und genau in die Reifenmitte eingefahren. Ohne bösartiges Zutun ein unmögliches Ereignis. Unser Parkplatz an der Werkstatt in Riga war scheinbar verseucht mit raffgierigen Geschäftemachern. Die Rechnung ging nur nicht auf, zu gern hätte uns die Werkstatt dort, für gutes Geld versteht sich, bei der “Reifenpanne“ geholfen. Die alten Schlosser in der Werkstatt, in der ich gearbeitet habe, hatten den Spruch immer auf den Lippen“ Sei vorsichtig, ich stell Dir was am Reifen an!“, wenn sie einen Kraftfahrer ärgerten. “Werkstattdolos“, schimpfe ich. Ich war selber mal einer, aber so rabiat habe ich nicht versucht Kundschaft für die Werkstatt zu generieren. Vielleicht einer der Gründe dafür, dass hier noch gearbeitet wird und uns blaue Briefe ausgehändigt wurden. Jetzt hat es mich erwischt, ohne zu kontrollieren werde ich an solchen Orten nicht mehr einfach losfahren. Zeit für eine Fahrradtour in den Ort bleibt dennoch. Vor 23:00 Uhr wird es nicht dunkel und eher schließt hier kein Laden. In den Geschäften im Ort ist von der Briefmarke bis zu vielen verschiedenen frischen Backwaren alles zu haben. Hier bleiben wir noch ein paar Tage! Zwei Tage wie im Traum. Das alte Leiden, zwei Tage sind dann aber auch genug. Weiter nach Estland. Eine Etappe. Tallin ist auf direktem Weg schnell zu erreichen. Der Jachthafen westlich der Stadt gleicht einem Hochsicherheitstrakt. 14 Kameras zur Überwachung, erklärt der herbeigeeilte Wachschützer, dem unser Hafenrundgang auffällt und missfällt. Ein Liegeplatz kostet 10000.-€ im Jahr! Die Bootsgemeinschaft meines Vaters wird für diesen Preis nicht nach Tallin zu locken sein. Vielleicht will uns der Hafenwächter mit dem Nennen solcher Summen auch nur schneller vom Gelände vertreiben, wir stören wohl seine Ruhe und die der 20 Boote. Die Innenstadt wirkt typisch deutsch. Tallin könnte irgendwo im heutigen Deutschland liegen ohne aufzufallen. Eine lange Stadtrundfahrt geht in Tankstellensuche über. Am Stadtrand taucht eine Tankstelle auf, der Dieselpreis liegt bei 55 Cent. Wenn hier nicht alles so verwinkelt wäre, käme ich problemlos an die Tanksäule, aber der W50 ist eben kein Lada. Susanne kommt schimpfend vom bezahlen zurück. “An der Dieselsäule gibt es nichts, die wäre defekt!“ Wie um das zu unterstützen, kommt noch einer aus der Tankstelle und hängt das “Sakrit“ - Schild an die Säule. Zur einzigen funktionierenden Säule komme ich nur rückwärts. “Alles frei?“ “Ja du kannst fahren!“ Susanne steht hinten und sieht die Lage hinter uns durch das Fenster in der Hecktür ein. “Kannst, weiter, weiter, bisschen nach rechts!“ Etwas bremst uns sachte ab. Eine Bodenwelle? Etwas mehr Gas, nun werden wir unsanfter abgebremst. Die Freileitung über uns schwingt 2 Meter nach oben und 2 Meter nach unten. Aussteigen und mit drei Sätzen stehe ich hinterm Auto. “Da steht ein Betonmast!“ Das heißt er steht nicht, er bewegt sich wie ein Baum bei Sturm! Das weiche Aluminium der Treppe hat sich lautlos verformt und der auf Gummi gelagerte Kofferaufbau hat den Rest absorbiert, so dass kein hartes Anstoßen zu merken war. Beim dritten Anlauf hätten wir den Mast sicher gefällt. Die Gestalten in der Tankstelle schauen betreten nach oben und beobachten die schwingenden Leitungen. Sie ahnen, dass ich auf 180 bin. Ihr Interesse, eine Schreiattacke von mir abzubekommen, ist das gleiche wie jemanden auf diesem Parcours sicher einzuweisen um Treibstoff zu verkaufen...gleich Null. Tanken und weg! Der Betonmast steht noch, nur ein wenig mehr Stahl als vorher ist vom Innenleben des Mastes zu sehen. Bei uns am Auto hat das einzige glänzende Teil Schaden genommen. Die schöne neue Alutreppe! Wir fahren in die Nacht hinein. Östlich von Tallin nimmt die Besiedlung ab, an die Küste genau gegenüber von Helsinki wollen wir. Es wird immer dunkler. Ein Feldweg geht in Kiefernwald über, hier ist heute kein Weiterkommen. “Licht aus!“ Ich erwache im Knäuel, der W50 steht so schräg, dass wir im Schlaf alle in die selbe Ecke gerutscht sind. Draußen stehen wir wie auf Schaumgummi, eine stabile Moosschicht bedeckt den Waldboden wie ein Teppich. Die hohen Kiefern stehen weit auseinander, für unser Auto wäre der Wald voll befahrbar. Sträucher wachsen vereinzelt, Heidelbeersträucher, über und über voll reifer Beeren. Nils und Erik ernten, alles in den Mund. “Hier, jeder eine Tasse und zum Frühstück machen wir Heidelbeeren mit Milch!“ Die Begeisterung hält sich in Grenzen. “Wo sind wir eigentlich?“ Nach der Karte sollte hier die Ostseeküste sein. Nach Norden wird der Wald lichter und nach Süden wird es hügelig, außerdem stehen dort einige verlassene Holzhäuser, darunter 30 Meter lange Baracken. Vielleicht ein altes Armeelager. Nils kommt und leert seine Tasse das erste mal aus, beschwert sich aber gleich. Erik würde essen, nichts sammeln und ihm noch die Beeren aus der Tasse klauen. Tatsächlich befinden sich in Eriks Tasse nur 4 Beeren die er auch schnell aufisst. Für das Frühstück reichen die Beeren, auch ohne Eriks Hilfe. Nach 500 Metern endet der Wald im Norden. Ein 60 Meter breiter Sandstrand und die Ostsee breitet sich aus. Viele Inseln erheben sich weit draußen, das finnische Festland ist im Dunst zu erahnen. Unser W50 steht auf einer versandeten Betonrampe 20 Meter vorm Wasser.
(Bild Bei Tallinn am Ostseestrand)
Nils buddelt im Sand und findet gleich Patronenhülsen. Da wird die Rampe auch militärischen Ursprungs sein. Die gleiche Art Patronen habe ich als Kind bei uns im Wald gesammelt, wenn die sowjetische Armee unseren Wald belagert hatte und das war mehrmals im Jahr. Der Platz ist schöner als wir erhofft hatten. 22 Grad im Wasser, nicht zum Aushalten an Land. Kaum Wellen, genau richtig für Erik, dem die Wellen in der Rigaer Bucht nicht so behagten. Am Abend fällt das geplante Lagerfeuer dennoch ins Wasser, es regnet in Strömen. “Wir machen morgen Feuer!“ Nils und Erik schimpfen wie jeden Abend, an dem ausnahmsweise unser Feuer nicht brennt. Am nächsten Morgen Heidelbeeren mit Milch und mittags Nudeln in Ostseewasser, ein Genuss. Mit der Dämmerung kommt wieder Wind und Nieselregen, heute egal, das Feuer brennt, unsere beiden schleppen jedes auffindbare Stück Holz heran, dass es auch noch lange weiter brennt. Es hat die ganze Nacht durch geregnet. Es ist kalt, so kalt dass die Ostsee wirkt wie warme Suppe. Noch einmal baden, das Schlauchboot einpacken und weiter an den Peipusee. Jeder hat sein Handtuch unter den W50 ins Trockene gelegt. Tür zu. “Hast du den Schlüssel?“ “Nein, ich nicht.“ “Ich habe ihn auch nicht!“ Doch nun sind die Türen beide zu. “Erst mal ins Wasser, irgendwie kommen wir schon wieder rein!“ Wir rennen nackt durch den Regen zum Strand und hinein. Strandwanderer in buntem Gummizeug laufen vorbei, und es kommen immer wieder welche nach. Nackt und ohne Werkzeug das Auto wieder aufzubekommen, wird so zum Spießrutenlauf. Susanne kann sich bei meinem Plan das Lachen nicht verkneifen, ich bin gereizt und fahre alle wütend an. Nils und Erik stehen im Regen und frieren. “Geht unters Auto und wickelt euch in die Handtücher!“ Gefühlte 10 Grad, die Ostsee dampft. “Das Ausstelldach, die Dachluke ist auf! Ich klettere hoch, du gibst mir einen langen Stock und ich öffne damit von innen die Tür, indem ich an den Türöffnerhebel stoße.“ Auf das regennasse Auto zu kommen ist nackt keine Leichtigkeit. Als ich gerade oben bin, kommen schon wieder Strandwanderer. Ich bin nackt auf dem LKW und Susanne misshandelt einen Strauch, um einen Ast in der passenden Länge herauszubrechen. Nackt! “Der Ast ist zu dünn! Ich bekomme mit dem wabbeligen Ding die Tür nie auf!“ Der nächste ist viel zu kurz und fällt mir auch noch ins Fahrerhaus. Es ist auch kein Wunder, dass hier kaum noch ein Stöckchen liegt, Nils und Erik waren bei der Feuerholzbeschaffung am Vorabend sehr gründlich. Es ist windig. Oben auf dem W50 friere ich mich langsam blau. Ein totaler Wetterumschwung im Vergleich der vergangenen Tage. Diesmal kommt Susanne mit einem langen Ast vom entfernten Waldrand. Fünf Zentimeter fehlen zum Türöffner, die Blechkanten der Dachluke schneiden mir Wunden ins Fleisch. Mein Arm passt einfach nicht weiter durch die Luke. Wir könnten schön drin sitzen und frühstücken. Wenn? Ja, wenn wir die Gedanken zusammengenommen hätten. Die ersten Standwanderer kommen schon wieder zurück, ihre neugierigen Blicke erwidere ich mit dem zornigsten, den ich habe. Der letzte Versuch, den ich mit meinem schon blutenden Arm machen kann, mit Schwung drücke ich den Ast an den Türgriff und mit den Fingerspitzen schiebe ich nach. Rutscht er ab liegt der Ast auch noch mit im Fahrerhaus. Ein metallisches Geräusch, der Ast fällt ins Fahrerhaus. Die Tür springt auf. Nun herrscht nur noch Ruhe, keiner wagt mich anzusprechen, aus Angst ich könnte explodieren. Nach dem Frühstück hat sich die Spannung gelegt. Es ist so kalt, wir bauen vor der Abfahrt noch die Dämmmatte vor den Kühler, die für Wintereinsätze gedacht ist. “Ohne eine Ostseetaufe fahre ich hier nicht weg!“ Susanne ist nicht begeistert. Mit dem Fotoapparat, sicherheitshalber der alten EXA 1a, in der Hand dokumentiert sie mein Treiben. Die Auslöseverzögerung unseres Digitalen ist von gleich bis vielleicht bald. Für die nächste Reise muss ich unbedingt noch etwas Schnappschussgeeigneteres erstehen. Langsam mit Allradkriechgang fahre ich über den Strand hinunter in die Ostsee. Der Sand im Wasser trägt besser als der lockere Dünensand. Eine kleine Runde und wieder hinaus. Bis hierher geht es problemlos.
(Bild , In der ersten Düne wühlt sich der W50 bis auf die Achsen ein.)
Rückwärts komme ich wieder frei und fahre zurück in die Ostsee. Lange stehen ist riskant. Langsam unterspülen Wellen die Räder der Vorderachse und merklich sinken diese ein. Jetzt mit allem was geht. Vorderachse und Hinterachse sind gesperrt, der Auspuff blubbert im Wasser. Gas! Ohne zu graben über alle Dünen bis an den Waldrand. Ein Pferd hätte sich jetzt mindestens einen Würfelzucker verdient. Unser W50 hat sich den Namen “Baltic Cruiser“ verdient. Ich werde aber noch nach einen Taufnamen suchen der etwas sächsischer klingt. Die ersten Minuten wieder auf befestigter Straße. Ich habe zu tun die Vorderachssperre heraus zu bekommen. Mir geht durch den Sinn, wie Urmenschen vor 30000 Jahren an die Sache mit so einem verschlossenen am Strand stehenden Blechkasten, also unserem W50, herangegangen wären. Genau so! Was hätte ich gedacht, wenn ich als Strandläufer an dieser bizarren Szene vorbeigekommen wäre. Susanne hat auch ein Lächeln auf dem Gesicht. Sie blickt zu mir und alles entlädt sich in nicht enden wollenden Lachen. Lachen von der Art, die Krämpfe verursacht und Tränen in die Augen treibt und jeden anstecken kann. Ein Lachen das einen nur alle paar Jahre befällt. Der Kühler ist verhangen, trotzdem kommt der Motor kaum auf Betriebstemperatur, erst gegen Mittag wird es wärmer. An den Waldrändern stehen massig Butterpilze. Nur die schönsten kommen als Proviant an Bord. Der Peipusee ist am frühen Nachmittag erreicht. Ringsum ist alles wie ausgestorben, keine Menschenseele am Hafen, die Geschäfte sind zu aber überall hängen Fahnen. Auf der Straße keine Autos, nur ab und an gehen schwankende Menschen mehr oder weniger zielstrebig in die eine oder andere Richtung. Drüben am anderen Ufer ist Russland. Hier so nah am russischen Riesenreich wird meine Neugier auf dieses Land fast unerträglich. Nils und Erik schlafen. Es lohnt auch nicht sie zu wecken um den nieselregenverhangenen See anzusehen. Kurz vor dem Ortsausgang der Stadt gibt es eine Bretterbude mit frisch geräuchertem Fisch, nach diesem Einkauf sind wir etwas versöhnter mit der Gegend. Das Fahren ist langweilig und ermüdend bei dem Wetter. Schlechte Sicht. Susanne kämpft gegen den Schlaf an, wenn ich nicht unterhalten werde, schlafe ich auch gleich ein. Schwankende Menschen sind mir außerhalb des Stadtgebietes nicht mehr aufgefallen. Um so mehr fällt jetzt auf, dass junge Leute zielstrebig am Straßenrand ebenfalls in unsere Richtung wandern. Über Tartu soll es heute an den zweitgrößten See, den Vörtsjärv gehen. Susanne blickt erschrocken zu mir. “Hartes Bremsen ist ein Mittel gegen Beifahrerschlaf! Mach schnell mal deine Tür auf!“ Susanne ist noch mehr überrascht, zwei junge Frauen stehen auf einmal oben bei ihr. “Tartu?“ “Daa, Tartu!“ Bevor auch ich einschlafe nehme ich lieber junge Anhalterinnen mit auf die Fahrt. Susanne ist wieder hellwach, und ab sofort wird im Fahrerhaus nur noch englisch geredet. Die Mädchen studieren in Tartu. Tag der Befreiung von der Sowjetbesatzung ist heute, erklären sie uns. Daher muss an diesem estnischen Nationalfeiertag niemand arbeiten. Sie zeigen auf die Fahnen, die selbst an jedem Bauernhaus wehen. Eine Fahne ist so verwaschen, das blau ist lila und die blassen Farben verschwimmen an den Übergängen. Sie lachen. Alle Fahnen sehen zwar nicht sehr schön aus, aber wir sind große Patrioten, geben sie uns zu verstehen. Ich glaube das gerne, so geschlossen wird in Deutschland wohl nur noch Weihnachten gefeiert. “Die Bevölkerung schwankend auf der Straße, das wäre in Deutschland eher in Kölle zum Rosenmontagszug der Fall. Feiertage, zu denen jeder einen Bezug hat und die alle feiern sind für Deutschland eher untypisch, ich unterstelle mal, dass dies politisch so gewollt ist. Frag mal einen, welche Bedeutung Pfingsten hat. Die wenigsten werden es wissen!“ “Eine Freundin hatte eine halbe Stunde Vorsprung, wir müssen sie noch mitnehmen!“ Einige Sekunden später taucht sie auf. Zu fünft im Fahrerhaus, es wird eng. Nils und Erik freuen sich, dass Gäste bis zu ihnen nach hinten durchrutschen. Wir sollen langsam fahren, gleich kommt eine Stelle, an der öfter Elche auftauchen. Die vielen nach Tartu wandernden jungen Leute haben alle Elche verschreckt. Wir können nur tiefen dunklen Wald sehen. Der einzige Elch bleibt der auf dem Warnschild. An Feiertagen fahren keine Busse und morgen ist wieder Schule, daher trampen alle. Die ganze Strecke musste aber noch keiner laufen. In Estland ist Trampen Gang und Gäbe. Jeder macht es und selten fährt ein Auto mit genügend freiem Platz vorbei. Tartu ist schnell erreicht, das Land ist klein. Wir halten an zweigeschossigen Reihen-Holzhäusern. Überall wird renoviert, Bäder eingebaut und Dachkammern als Wohnraum umgebaut. In diesen Baustellen leben die Studentinnen. Eine will nach Deutschland, eine nach Spanien und eine bleibt vielleicht in Estland. Wir tauschen noch die Mail-Adressen und weiter geht es. ERGO steht als größte Werbeschrift auf dem höchsten Haus der Stadt. Die ersten Haie der Finanz- und Immobilienwirtschaft sind da. Allianz prangt an einer anderen Stelle. Wo einer ist, zieht es bekanntlich auch die anderen hin. In dieses Land passen die Einheitsgroßkonzerne nicht mit ihrer übertriebenen Werbung, es bleibt abzuwarten wie die Esten diese neue Invasion bewerten. Am Abend sind wir am Vörtsjärv, die einzige eingezeichnete Straße endet an einem Bauernhaus direkt am See. Ich klingle. Eine ältere, etwas verstörte Frau kommt heraus und nach 10 Minuten ist auch ohne Sprachkenntnisse alles geklärt, wir dürfen hier übernachten, baden und angeln. Die Frau war auch schon mal in Deutschland. “Es war sehr laut, die Autos sehr schnell und schön war es dort auch. Aber hier waren Deutsche das letzte mal im zweiten Weltkrieg. Schön, dass zwischendurch auch einfach mal so Deutsche vorbeikommen,“ freut sich die Frau. Am Morgen ist es auch hier nicht mehr so ruhig, ringsum stehen Autos. An der alten Feldscheune stehen alle Tore offen. Eine Waage steht in der Mitte, Tafeln hängen an den Wänden, darauf stehen seltsame Namen und dahinter der Preis. Die Leute stehen mit Beuteln, Eimern und Wannen auf einem Platz und unterhalten sich lautstark. Als erstes kommt mir in den Sinn, hoffentlich sind die nicht wegen uns da. Nicht dass die alte Frau mich bei irgendwas missverstanden hat. Auf einmal laufen alle runter zu den Bootsstegen. Mit Nils und Erik folge ich dem Getümmel. Ein großes Fischerboot kommt näher. Es ist so groß, dass 100 Meter vom Bootssteg entfernt die Fracht noch auf ein kleineres Boot übergeben werden muss. Das kleine Boot besteht aus Edelstahl, ist 8 Meter lang und sicher 3 Meter breit, zur Hälfte ist es gefüllt mit Fisch. Dieses Boot kommt bis an den Anlegesteg. Vom 1,30 Meter langen Hecht bis zu kleinen Rotaugen alles durcheinander. Die Fische werden in Metallwannen geschaufelt diese kommen auf einen kleinen Eisenbahnwaggon und mittels Motorwinde über eine Schmalspurschiene die Böschung hoch in die Feldscheune.
( Bild Fisch am Vortsjärv )
Wannenweise werden kleine Fische in PKW verladen, nur wenige kaufen Hecht, Aal und Karpfen. Erik flüchtet als ein Fischer mit einem Hecht kommt, der größer als Erik ist. “Kartoffeln und Rotkraut haben wir noch an Bord, fehlt eigentlich nur noch der Hecht!“ Schnell sind wir uns einig, ein 60 cm großer reicht für uns. Das beste Mittagessen seit langem. Der Kopf ist zu schade zum wegwerfen, mit Draht befestige ich ihn unterm Nummernschild. Nach zwei Stunden ist alles vorbei, die Feldscheune geschlossen und kein Auto mehr da. Mit zwei großen Hämmern, Vierkanthölzern und großen Schraubzwingen versuche ich, unsere in Tallinn verbogene Treppe zu richten. Die größten Deformationen bekomme ich unter höchster Lärmentwicklung heraus, die kleineren müssen bleiben sonst bleibt das Trommelfell auf der Strecke. Die Fahrt nach Valga an die lettische Grenze ist problemlos wie auch die Grenzabfertigung. Wenn es gut voran geht, kommen wir bis Riga, oder besser noch an die Steilküste von Tuja. Alles läuft perfekt, noch vor Sonnenuntergang stehen wir wieder auf dem Platz mit der besten Sicht auf den Rigaer Meerbusen. Die viele Anspannung und die vielen Eindrücke gehen abends am Lagerfeuer über in zufriedene Ruhe. Entspannt erwachen wir. Gegen 10:00 Uhr trifft die Sonne genau mein Gesicht. Draußen frühstücken ist bei diesem Wetter ein Muss. Der Deutsche, der mir an dieser Stelle Hilfe bei der Reifenpanne anbot, kommt gerade vom Einkauf, weiter hinten schiebt eine Frau ihr Rad. Er kommt zu uns und stellt seine russische Partnerin vor. Ihre Kette ist gerissen. Das freut mich. Seit Jahren habe ich im Fahrradwerkzeug einen Kettengliedentferner, den ich sonst nur bei steifen Gliedern eingesetzt habe. Hier kann ich eine Kette durch Kürzen in kürzester Zeit reparieren. Das Fahrrad geht wie neu. Beide sind überrascht wie das so schnell repariert sein kann, auf jeden Fall sollen wir bei ihnen vorbeikommen. Am Nachmittag fahren wir mit unseren Fahrrädern den Steilküstenweg Richtung Norden. Nach wenigen Kilometern sehen wir das Bauernhaus und daneben zwei Wohnwagen. Hier ist es. Zur Begrüßung Wodka. Die russische Hausherrin ist gerne freigiebig mit dem guten Stoff. Seit einiger Zeit arbeiten beide im Baltikum und vertreiben für westeuropäische Firmen Heiztechnik und Blockheizkraftwerke. Aale fängt er mit Röhren, in denen Köder liegen. Mit dem Boot auf der Ostsee ist er am liebsten, wenn er nicht arbeitet. Größere Anschaffungen wie Wohnwagen oder Auto besorgen sie sich aus Deutschland, aber in Deutschland leben wollen beide nicht. Für ihre Arbeit und die kältesten Wintertage haben sie eine kleine Wohnung in Riga. Schlecht geht es ihnen nicht. Wieder am Wohnmobil angekommen wird alles zum Grillen vorbereitet. Holz ist in Hülle und Fülle vorhanden, gleich über dem Feldweg ist ein alter Eichenwald, die abgestorbenen Äste liegen überall. Dass unser Feuer brennt ist gut, doch was 20 Meter weiter aufgeschichtet wird, ist nicht zum Grillen geeignet. Es ist Sonntag. Wie wir feststellen müssen, im Baltikum der Standardmüllverbrennungstag. Eine Gestalt, die in Deutschland als Penner bezeichnet würde, trägt allen Müll, der im Umkreis von 400 Metern zu finden ist, zusammen, sortiert das Glas aus und der Rest wird in einen Traktorreifen gestapelt. Ich ahne nichts Gutes. Ehe ich beim Müllmann bin, gießt der Mensch schon eine brennbare Flüssigkeit über den Reifen. Mit Händen und Füßen mache ich mich verständlich, zeige auf unser Essen überm Grill. Wir können doch trotzdem essen, er versteht nicht warum wir an so einem schönen Feuer nicht essen wollen. Ich gehe um mit zwei Büchsen Bier gleich wieder zu kommen. Plötzlich versteht er mich. Morgen nicht vor 10:00 Uhr will er seine Aufgabe erledigen. Geht doch! 10:00 Uhr sind wir weg. Einige Stunden Fahrt. Liepaja. “Die größte lettische Bierbrauerei, LIVU, und ich fahre gerade daran vorbei!“ Die Notbremsung reicht, um auf den großen Parklatz gegenüber der Brauerei einzuscheren. “Wenn möglich machen wir jetzt eine Brauereibesichtigung!“ “Gibbs dordde ooch was zu essn?“ Erik murmelt missgelaunt in feinster Mundart. Was mit laufen, betrachten und erklären zu tun hat, nach Technik oder Museum aussieht, ist nicht Erik´s Sache. Es geht ein Stockwerk nach oben, durch einen Glasfußboden ist alles zu sehen was für den Brauprozess notwendig ist. Eine Führung erübrigt sich so. Nils und Erik machen um die durchsichtigen Stellen im Boden einen Bogen und trauen dem Frieden nicht, mich hält´s.
(Bild Livu Brauerei )
Durch weitere Glaselemente sind Büros zu sehen. Pieksauber! Menschen in weißen Anzügen überwachen die Steuerung auf Flachbildschirmen. Über die ganze Länge des Raumes zieht sich ein Bar- Tresen. Alle Sorten Bier, der halbe Liter umgerechnet 50 Cent. Zu essen gibt es Shrimpssalat, Reissalat, Bohnensalat, Kartoffelchips- eben alles, was zum Bier passt. Wir probieren gern. Nacheinander kommt alles, was die Küche zu bieten hat, auf unseren Tisch. Bis an die Kurische Nehrung sind es 80 Kilometer, die haben wir morgen schnell geschafft. Wir bleiben heute hier, auch wenn der Parkplatz an der Straße nicht vergleichbar ist mit der Steilküste von Tuja oder dem Strand bei Tallinn. Mit Studenten am Nachbartisch entwickelt sich ein lebhaftes Gespräch über Europa. Jeder Zweite will später zum Arbeiten nach Deutschland. Das wird lustig! Spätestens dann sollte ich als Deutscher in einer ruhigeren Region unserer Welt einen Platz gefunden haben, denn die Hälfte der Arbeit suchenden Jugend Europas in Deutschland bedeutet sicher eine Verdopplung der Einwohnerzahlen. Unsere überbezahlte Unzahl von Politikern in Deutschland wird das gern sehen, allein über 22.000 Beamte sollen in der Stadt Köln in Angst leben, geht die Bevölkerung weiter so zurück. Früher oder später müssten auch einige von ihnen Einschnitte befürchten. Mir ist Deutschland heute schon zu dicht besiedelt. Von unseren Tischnachbarn bekomme ich gleich Tipps, an welchen Ecken es in Lettland am schönsten ist. Da wäre Ventspils, Daugavpils und Salaspils, diese Orte und viele weitere werden mir empfohlen. Ich such lieber selbst nach einer ruhigen Bleibe. Es muss ja nicht unbedingt in Lettland sein. Aber das behalte ich für mich, ehe die Überzeugungsarbeit weiter geht, um mich im Land zu halten. Unser Plan, an den Baikalsee zu fahren, findet Beachtung. “Verrückt müsst ihr sein, dort gibt es nichts, es ist immer kalt! Wir fahren nach Frankreich oder Spanien, aber Sibirien ist doch extrem! Dort waren unsere Großeltern und die hatten nachher keine guten Worte für dieses Land übrig!“ Ich glaube das, aber inzwischen sind bald 50 Jahre vergangen, seit auch die letzten überlebenden Kriegsgefangenen zurück sind. Mit guten Wünschen und Ratschlägen beladen ist nach Mitternacht Bettruhe. Scheinbar ist aber nur für Minuten Ruhe. Der Baubetrieb neben dem Parkplatz macht im Morgengrauen einen Radau, so dass wir noch verschlafen in den Tag starten. Dem W50 scheint dieser Frühstart auch nicht zu behagen, der Motor macht seltsame klopfende Geräusche. Immer und immer lauter. An einer Tankstelle am Stadtrand fahre ich raus. “Alle zum Morgenspaziergang! Ich muss mich in Ruhe in die Technik versetzen, um den Geräuschen auf den Grund zu gehen.“ Es ist kein Wasser im Motoröl und kein Motoröl im Kühlwasser, so weit so gut. Da brauche ich die mitgenommenen Kopfdichtungen vorerst nicht auspacken. Im Werkstatthandbuch, das ich in mittelprächtiger Kopie habe, steht unter all den Störungen um den Motor nichts von lautem Klopfen und Schütteln des Motors. Mit dem Hammer klopfe ich nun alle Befestigungen, Verbindungen und Halterungen ab. Nichts locker, nichts undicht oder ausgeschlagen. Genug Öl und Wasser. Solche unkonkreten Störungen können beängstigen. Das Geräusch muss doch zu orten sein! Ohne Motorverkleidung starte ich den Motor. Das Geräusch kommt von...? Das Klopfen ist weg! Bei jeder Drehzahlveränderung, im Standgas und auch bei Vollgas läuft der Motor seidenweich. Zumindest insoweit ein Sechseinhalbliter-IFA-Vierzylinder so laufen kann, läuft alles bestens. Motor aus, Motor an. Geht immer noch. Den Hammer muss ich gut aufheben. Das ist ein Wunderhammer! “Alles an Bord, es kann weitergehen.“ Ein mulmiges Gefühl bleibt. Was hat geklopft? Die ersten Kilometer vorsichtig, ohne Anzeichen von Defekten ist unsere übliche Reisegeschwindigkeit schnell wieder erreicht. Sventoji. Ein Ort, schon lange auf der Karte als Nachtplatz ausgesucht. Die Straße führt auf der Karte direkt an den nördlichsten Ostseezugang Litauens. Die gerade hinter uns gelassene Grenze war von zwei uniformierten Frauen besetzt, die alles und jeden durchwinken. “War wohl keine gute Idee, Sventoji?“ Susanne hält nach einem Parkplatz Ausschau. Die ganze Stadt wirkt wie ein losgelassener Zirkus. Geländewagen mit mannshohen Lautsprecherboxen fahren im Schritttempo vor uns und übertönen unseren Motor. Minimotorräder jagen auf der Straße zwischen Autos und Fußgängern umher. Die Kulisse könnte aus einem Endzeit- Sience- Fiction stammen, aber auch die abgedrehten Gestalten an allen Ecken. “Ich fahr die Straße rein!“ “Warum?“ “Ich glaub die führt am weitesten Richtung Wasser.“ Vorbei an Verkaufsständen jeder Art tuckern wir zwischen den Menschenmassen herum. Ich zirkle um Fußgänger, die einen LKW hinter sich nicht bemerken können oder wollen. Die Straße endet am Hafen. Gegenüber an den alten Hallen sind ausreichend Parkmöglichkeiten. Schilder sind keine zu sehen, also besser hätte ich es nicht treffen können. Wenn etwas in den vergangenen Minuten noch lauter als die Umgebung war, dann ein Wort und es kam aus dem Koffer. EIS, EIS, EIS! Erik ist keiner der Eisstände entgangen. Mit dem Eis in der Hand zieht die nächste Attraktion. Elektroautos für Kinder, Motorräder, Lkw, Rennwagen und Jeeps. Erik wählt sich einen Lkw und Nils einen Jeep. Ein weiblicher Teenager kassiert. Sie würde in ihrer Aufmachung in eine Disco oder Bar passen. Schminke nicht zu knapp, Stöckelschuhe und knapper Stoff. Während Nils seine Runden dreht, fährt Erik in eine riesige Wasserlache und versenkt den Lkw. Selbstlos rennt die aufgedonnerte junge Frau ins Wasser, knickt sich die Füße um, aber rettet den Lkw und unseren Sohn. Erik scheint Freude an Wasserfahrten zu haben und lenkt wieder ins Wasser. Das lässt sie nicht mehr zu, immer wenn Erik lenkt greift sie ihm ins Lenkrad und weicht nicht mehr von seiner Seite. Diese Gängelei bewirkt, dass Erik genervt ist und nicht noch mal fahren will. Also ab zum baden. Es wird Abend und uns wird klar, in dieser Feier-Stadt kehrt keine Ruhe ein. Nach Klaipeda sind es 30 Kilometer, das schaffen wir noch. Kurz hinter Kleipeda am Kurischen Haff ist ein kleiner Fischerhafen. Ich gehe zum nächsten Haus und frage, ob wir hier stehen bleiben dürfen. Leider versteht die rotbäckige ältere Frau kein Wort von meiner Frage. “Niemecky? Ludmilla!“ Sie zeigt auf das Nachbarhaus, läuft los und gibt mir zu verstehen, ich soll folgen. Ludmilla ist eine schlanke Frau Anfang 50. Sie übersetzt und schnell ist klar, wir stehen schon auf Ludmillas Grund. Natürlich sollen wir hier bleiben. Aber erst bei den Nachbarn Tee trinken, Nils und Erik bekommen Milch. Ludmilla erzählt, ihre Nachbarn sind reiche Leute, beide Beamte. Ludmilla ist arbeitslose Lehrerin, mit Übersetzungen kann sie sich ab und zu etwas dazu verdienen. Sie lebt mit ihrem Sohn allein auf dem Anwesen, welches einst einem deutschen Professor gehörte. Erst als sie sicher ist, dass wir nicht die Erben des Professors sind und auch so nicht an dem Haus und Grund interessiert sind, erzählt sie offener. Früher hatten die Nachbarn Landwirtschaft und auch ihr Einkommen war gut. Heute hat sie kaum etwas zum Leben. Der Sohn fängt illegal Fisch aber anderen geht es 10 mal besser als früher. Eine Anspielung auf die Nachbarn, wie ich merke. “Ich glaube es dauert nicht mehr lange, dann bekommen die Deutschen hier alles zurück“, sagt sie, “es gehört doch auch alles den Deutschen hier! Sie müssen alles zurückbekommen! Das wäre nur gerecht! Sehen sie mein Haus an, es zerfällt, ein Deutscher würde wieder eine Villa daraus machen.“ Ich weiß nicht, ob ich zustimmen soll. Die Säulen am Eingangsportal des stilvollen alten Hauses zerfallen zusehends, alles was aus Holz ist, ist ungepflegt seit hier kein Deutscher mehr ist. Reparaturen sind, wenn überhaupt, dann auf allertiefsten Niveau gemacht. Unwetter mit viel Regen sind anscheinend das Abendprogramm an der baltischen Ostsee. Ich habe nichts gegen die Flucht in unser Auto. Das Gespräch zwischen Ludmilla und mir ist nicht mehr rumzureißen, sie ist den Tränen nah. Vielleicht ist es auch ihr recht, wenn wir uns erst einmal zurückziehen. Die Sonne geht auf und es klopft an unsere Hecktür. Ludmillas Nachbarn stehen da mit frischer Milch für unsere Kinder. Im Gefolge sind alle, die ringsum wohnen. Das Staunen über unser fahrendes Haus ist groß. Mit den besten Wünschen für eine gute Reise geht es weiter. Am Hafen von Klaipeda geht Susanne zu den Kassen für die Fähre nach Kiel. Ihr Gesicht verrät von weitem schon, dass die Fähre für uns nicht in Betracht kommt. 900.-EURO sind für eine Spedition zu verschmerzen, wir aber fahren nicht gegen die Zeit. An Diesel brauchen wir nicht die Hälfte. Unsere Route geht nun weiter immer dicht an der Grenze des Kaliningrader Gebietes entlang. Kaum Besiedlung, schmale Straßen. Nur Grenzschilder sind öfter zu sehen. Susanne zählt die Namen auf, die diese Ortschaften vor dem Krieg hatten. Im „Brockhaus Taschenatlas der Erde„ meiner Oma von 1941, in dem Susanne liest, sind klangvolle Ortsnamen. Sie klingen schon nach schönen Urlaubszielen, Pferdezucht und Landwirtschaft. Tilsit, Eylau, Cranz, Gumbinnen, Wehlau, Insterburg, die Memel. Wie konnte sich Deutschland nur in so einen irrsinnigen Krieg treiben lassen? Alles könnte hier heute blühen. Das Kapital kann jeder Ideologie den Nährboden entziehen. Hat es aber nicht gemacht. Kapital plus Ideologie bzw. Religion das ist Politik, das wird immer wieder unheilvolle Symbiosen eingehen! Wie festgenagelt steht ein Unwetter über Kaliningrad und rührt sich die ganze Fahrt über nicht von der Stelle. ( Bild Unwetter über Kaliningrad)
Wir werden auch die eventuell noch vorhandenen Reste deutscher Kultur nicht sehen, Kaliningrad kann nur mit Visum betreten werden. Der Slowenski- Nationalpark steht noch auf unserer Tourausarbeitung. Die Fähre ist ins Wasser gefallen, also sind die Dünen von Leba als Ziel wieder aktuell. Wir müssen durch Danzig. Kein Problem nur wo fängt Danzig an und wo hört es auf. Uns kommt es vor, als würde die Stadt sich als 100 Kilometer langer Krämerladen an der Straße entlang ziehen. In jedem noch so kleinen Gebäude ist ein Laden, eine Flut von Werbetafeln an jedem Haus. Irgendwann kommt eine kleine Pause und im nächsten Moment glaube ich wieder in Sventoji zu sein. Der Trubel eines ausgelassenen Urlauberortes empfängt uns aufs Neue. Von Puck bis Wladyslawowo herrscht Partyzone. Für uns ergeben sich zwei Möglichkeiten. Weiter nach Leba oder ein Abstecher auf die Landzunge Hel. Es ist heiß draußen und baden wollen Nils und Erik sowieso immer. Eine Straße und eine Bahnstrecke führt bis an die Spitze der 25 Kilometer langen Landzunge. Nach zwei Dritteln dieser Strecke kommen die ersten freien Parkmöglichkeiten. Der Ort an der Spitze, Hel, interessiert weniger als die hörbare Brandung. Nur ein paar Meter neben dem Parkplatz ist der Strand am Haff. Das Wasser ist warm, voller Quallen und riecht. Nils und Erik sind enttäuscht, noch wissen sie nicht, dass 150 Meter nördlich auch Ostsee ist. Die hörbare Brandung kommt von der anderen Seite. Gleichmäßig kommen da Wellen in Meterhöhe rein. Nils ist schon im Wasser aber Erik sind die Wellen zu hoch. Ihr kommt mit, sagt Erik. Nun ist alles gut, Mama und Papa sind ja im Wasser. Am Strand ist Aufbruchstimmung, der Eiswagen ist schon weg, eine riesige Hüpfburg fällt gerade in sich zusammen. Erik motzt sofort los, ist mit dem Hinweis auf die Imbissbude auf dem Parkplatz aber auch schnell wieder zu beruhigen. Nach Eis, Backfisch, Schnitzel und gebratenen Pilzköpfen brauchen wir nur noch einen Schlafplatz. 30 Kilometer, die Küstenstraße wird gleich abbiegen und weiter ins Landesinnere führen. Ein kleiner sauberer Parkplatz im Nadelwald. Leider zu schnell! Vorbei! Ich ahne, wo einer ist, ist der nächste nicht weit und fahre langsamer weiter. Einige hundert Meter weiter stehen wir auf einem ähnlichen Platz. Die erste Erkundung der Lage bringt uns die Erkenntnis, der Strand ist nur 300 Meter weg. Nach einem erfrischenden Bad am Morgen geht es zeitig weiter. Leba ist in einer Stunde erreicht. Eine der größten und ausgedehntesten Wanderdünen Europas, die Sahara Polens! Noch ist nichts zu sehen. Große Parkplätze aber kaum Fahrzeuge, an den gastronomischen Einrichtungen kaum ein Mensch, nur einer und der kommt zielstrebig auf uns zu. Parkgebühren 16 Zloty! Meine Güte, fast 5 Euro, kein Wunder, dass hier niemand parkt! Auf den Wanderkarten ist der nächste Weg mit 4 Kilometern zum Strand eingezeichnet. Wir sagen Erik nichts, laufen ist ja nicht so seine Sache und so gibt es vorerst wenigstens nichts zu protestieren. Am Weg tauchen immer wieder liebevoll gestaltete Schilder auf. Geschützte Pflanzen, Wandergeschwindigkeit der Dünen, seltene Tierarten, alles wird erklärt, zum Teil sogar auf Deutsch. Fast ohne es zu merken stehen wir schon zwischen den Dünen, der Wind treibt Sandschwaden durch die Luft. Die großen Dünen gehen in die Ferne und laufen aus, eine kreuzt die andere. Hier sollen sogar ganze Dörfer von den Dünen überrollt worden sein. An anderer Stelle habe ich gelesen, dass diese Landschaft als Kulisse für Wüstenfilme hergenommen wurde. Hier ist davon momentan nichts zu erahnen. Kleine Dünenkämme in Kopfhöhe verschaffen das Erlebnis sandgestrahlt zu werden. Der Wind pfeift über die Kämme und ein breiter flacher Sandstrahl prallt gegen uns. Es zwickt im Gesicht. Nicht zum Aushalten. Zwanzig Grad minus und Sturm sind nicht schlimmer! Ganz vorn am Strand wird es mit dem Sand besser aber der Wind weht genauso stark. Die riesigen Wellen reizen mich. “Ich gehe mal kurz ins Wasser!“ “Ich will auch!“ Susanne und Erik wollen nicht. Nils ist dicht neben mir, als uns die ersten Wellen überspülen. Das Wasser ist wärmer als die Umgebung, es ist ein Riesenspaß. Nur mit jeder Welle treibt es Nils einige Meter weiter ab, er hört mich schon nicht mehr. Einer Gefahr ist er sich nicht bewusst. Dadurch dass er viel kleiner ist und nach jeder Welle erst spät wieder festen Boden unter die Füße bekommt, treibt er viel schneller in der Strömung ab als ich. Mit Mühe versuche ich schnell zu ihm zu kommen. Einige große Wellen nehmen mir für Sekunden die Sicht. Nils tobt ausgelassen im Wasser und freut sich als ich neben ihm auftauche. Mir wird es zu riskant weiter im Wasser zu bleiben. Ich fordere Nils auf, mal zu schauen, wo Mama und Erik sind. Die Stelle ist nur noch zu erahnen. “So weit sind wir schon abgetrieben!“ Nils ist überrascht, rennt am Strand sofort los zu der Dünenschlucht, von wo wir vorhin aufgebrochen sind. “Ich habe gesehen wie ihr abtreibt, das ist kaum zu glauben wie schnell das geht!“ Susanne ist aufgeregt. Beim Zusehen bemerkt man die Strömung eher als der Betroffene im Wasser. Wir sind froh, den Nadelwaldstreifen zu erreichen. Augenblicklich ist der Sturm nur noch ein wenig zu hören und wir können den Sand aus den Augen, Ohren und Haaren pulen. “Jetzt kochen wir einen großen Topf Makkaroni!“ Noch schneller als am Strand sind wir wieder am W50. Jetzt stehen wir nicht mehr allein. Mehrere Reisebusse, ein saharagelber Hanomag und ein grüner 911 Mercedes -Rundhauber aus Deutschland stehen neben uns. Leider ist niemand von den Deutschen zu sehen, es wäre interessant zu wissen, wo sie waren und wo sie noch hin wollen. Vielleicht kann ich für 2004 ein Reiseziel schmackhaft machen. Die Straßen sind an manchen Stellen kaum noch passierbar. Hier stehen jetzt die vielen PKW, deren Fahrer sich die Parkgebühren sparen wollen. Die Kratzer, kaputten Spiegel und Steinschläge von faustgroßen Kieseln, die unter den Reifen davon schnipsen, werden dagegen in Kauf genommen. Noch nach Kilometern stehen Autos an der Straße. Immer mehr deutsche Kennzeichen sind dabei. “Ob die alle wissen, wie weit das von hier aus bis zu den Dünen ist?“ Ich kann nur lachen. Nun geht es südwärts, wir könnten zwar heute noch in Swinemünde nach Deutschland gelangen, aber hier gibt es doch alles und Tanken in Deutschland tut immer so weh. Es ist 20:00 Uhr. Eine menschenleere Gegend in Masuren. Eine in den Wald geschnittene Schneise verspricht einen guten Übernachtungsplatz. Die Planierraupe, die den provisorischen Weg geschoben hat, steht noch da. Ein Schlag geht durchs ganze Auto. Ich halte sofort. Es ist alles noch dran, die Aufstiegshilfe am Vorderrad der Beifahrerseite hat sich in einen Baumstumpf gefräst. Krumm und verbogen der Lack ist ab, wichtige Teile sind aber nicht beschädigt. “So schnell geht das, ein mit frischem Waldboden getarnter Baumstumpf und du bleibst vielleicht im polnischen Wald liegen. Das ist schon andern Deutschen passiert!“ “Lass die Witze!“ Ich klettere wieder hoch. “Das beule ich heute Abend wieder aus. Du fällst sonst beim Aussteigen öfter mal aus dem Auto!“ Susanne findet es nicht so lustig, ich eigentlich auch nicht, mir schmerzt das Trommelfell noch vom Ausbeulen unserer Hecktreppe. Ein abgeerntetes Weizenfeld bietet sich als Standplatz an. Die Ruhe, die mit dem Abstellen des Motors eintritt, ist merkwürdig. Weit gestreckte Hügel mit flachen Kuppen und die Wolken, die für Masuren so typisch sind, bringen nicht diese Unruhe die mich befällt. Es sind die Farben des Abendhimmels, alles um uns ist in Farben gehüllt, die es sonst in Gemälden, in solchen von Dali und Monet gibt.
( Bild Abendgewitterstimmung )
Es erscheint alles surreal. Nils und Erik rennen über die masurischen Hügel und es wirkt als wären sie nah und dennoch schon weit weg. Ich renne den Hügel hinauf zu ihnen und wir toben uns aus. Einer nach dem anderen fällt in die Stoppeln. Unten in der Senke steht unser Auto und wirkt genau so wie eben noch die Kinder. “Los um die Wette!“ Ehe ich oben bin und in Tritt komme haben Nils und Erik ordentlich Vorsprung. Das Gefälle wiederum bringt mir eine Geschwindigkeit wie zum Abheben. Fast zusammen kommen wir unten an. Jeder hat noch Aufgaben. Ich ausbeulen! “Nils und Erik, ihr helft beim Abendbrot!“ Die Beulen sind grob raus. “Essen!“ “Nur noch Streichen, komme gleich!“ Dort wo vor einer Stunde noch blaue Farbe war, ist nun schwarz. Alles kann man eben nicht mitnehmen. Betrachtet man Farbe mal als Ersatzteil, so ist es zumindest auf Reisen ein unwichtiges. Mit dem Schließen der Tür hinter mir beginnen Böen am Auto zu rütteln, kurz darauf setzt ein ergiebiger Platzregen ein, der in einen sanften Landregen übergeht. “Schlafen werden wir gut, hoffentlich gibt es morgen kein Erwachen im See, wenn es die ganze Nacht so weiter regnet.“ Der Boden ist eigenartigerweise früh trocken wie am Abend zuvor. Ohne Probleme geht es am Morgen vom Feld. Der Allradantrieb bleibt psychologisch wichtig, vom Feld gekommen wären wir auch ohne. Auf der Fernstraße 11 geht es weiter nach Süden. Immer parallel zur deutschen Grenze, nichts zieht uns rüber. Ein Gefühl, vielleicht Fernweh, wird größer je näher das Ende unserer Testreise kommt. “Riechst du das? Diesel! Noch den Berg hoch, dann sehe ich mal nach!“ Am Berg fehlt unserem W50 Leistung, eine Ahnung beschleicht mich. “Dacht ich´s mir! Eine Dieseleinspritzleitung ist gebrochen.“ Diese Schwachstelle kenne ich, nur hatte ich vor der Reise keine Ersatzleitungen bekommen. “Ich mach mit dem Fahrrad los und organisier eine! Macht euch einen schönen Tag!“ Am ersten Bauernhof frage ich nach. Ein alter LKW steht auf dem Hof. Aber vom LIAZ sind die Leitungen total anders. Im ersten Dorf auf meiner Radtour deutet nichts auf Ersatzteile im zweiten genau so. Nach langer Fahrt durch Waldgebiete kommt ein großer Ort. Gleich am Ortsanfang steht in einem Obstgarten ein DDR-Mähdrescher, ein Fortschritt E514. In der Garagenwerkstatt daneben lackiert der Besitzer gerade ein Auto um. Ich zeige ihm die gebrochene Einspritzleitung. “Ahh..IFFHA..Virrzilindaa!“ “Ja!“ Er geht in den Schuppen und kommt mit einer Hand voll Leitungen heraus. Ich suche mir die passendste heraus. “Was kostet die?“ “10 Zloty!“ “Perfekt!“ Susanne hat das Mittagessen fertig. “Was machst du schon hier?“ “Ich habe alles!“ “Wo warst du?“ “Drei Dörfer und einen Soldatenfriedhof weiter, 25 Kilometer von hier, in einem Dorf! Getränke habe ich auch noch eingekauft!“ “Wir haben gerade die Stoßstange gestrichen, eigentlich haben wir uns darauf eingestellt bis heute Abend zu streichen.“ “Nichts! Nach dem Essen geht’s weiter!“ 16:00, ein Hinweisschild zu einer Straußenfarm. “Im nächsten Ort wende ich, ich habe keine Lust mehr zum weiterfahren, vielleicht gibt es auf der Straußenfarm einen Hofladen.“ In Polen ist alles eng gebaut, auch diese Einfahrt. Doch nun liegt ein ausgedehntes Gelände vor uns, feiner rötlicher gewaschener Kies bedeckt den Boden bis an den Horizont oder die zu erahnende Waldkante. Das Büro und die großen Hallen sind verschlossen. Ein Vogel Strauß ist auch nicht zu sehen. “Schade, einsteigen wir fahren weiter!“ Der Motor läuft, doch nun hält ein Kombi neben uns. Der Mann der aussteigt, stellt sich als der Chef der Anlage vor. Sein deutsch ist zwar besser als mein polnisch, aber schnell kommt unsere Unterhaltung ins Englische und eine gute Verständigung ist möglich. “Kommt, ich zeige den Hofladen!“ Ein sauberer, großer heller Raum, der Hofladen. Viele Kunstgegenstände aus riesigen Straußeneierschalen, Leder und Federn sind ausgestellt. “Kein Fleisch?“ “Ich schlachte meine Tiere nicht. Für Zuchttiere die nach England, Holland, Deutschland und alle Welt verkauft werden bekomme ich über 1000.- Euro. Es ist auch so ein gutes Geschäft. Kommt mit ich zeige euch den Betrieb.“ In den großen Hallen stehen Brutautomaten in der Größe von Neubauküchen. Hier kommen täglich neue Strauße zur Welt, aber morgen schlüpfen erst die nächsten. In den weiteren abgetrennten Abteilungen sind alle Größen junger Strauße in Laufställen, von den Küken unter der Rotlichtlampe bis zu den frechen Jungtieren mit 50 cm Höhe. Eine natürliche Brut wäre bei uns nicht möglich, der Strauß hat viele Eier die weniger bebrütet, sondern in seiner natürlichen Umgebung mehr gekühlt werden müssen. Das wusste ich nicht. Daher muss so ein Aufwand mit ausgeklügelten Automaten betrieben werden, anders gäbe es keine europäische Straußenzucht. Die größeren kommen in die Freilandhaltung. Hinter den Hallen beginnt eine Art Kieselsteinwüste. Das Gelände war mal das Ursprungsgeschäft, eine große Kiesgrube. An einem Ende läuft noch die Förderung, durch die Entfernung ist das gerade noch so zu erkennen, doch vor uns stehen kilometerweit Straußengatter. Gatter mit ziemlich vielen Jungtieren, aber auch Gehege mit verstärktem Schutz, in denen Hähne mit 150 Kilogramm Körpermasse alleine posieren. Die ausgewachsenen Hennen kommen mit dem Kopf über ihre Gatter und zupfen an allem, was zu erreichen ist. Gerade kann ich meine schwere EXA Spiegelreflexkamera noch festhalten. Ein Vogel hat den Lederriemen der Schutztasche gepackt und nur mit Mühe bekomme ich das Band aus dem Schnabel des diebischen Vogels. Bei der Produktion in der Kiesgrube sind über Jahrzehnte lang große Steine als Abraum angefallen, hier stehen wir vor so einem Steinberg. Hundert Meter lang und meist auch sehr hoch, dienen sie nun als Windschutzwälle für die Gehege. Nils ist begeistert und dreht schon wieder Stein für Stein um. Besonders die großen vielfarbigen Kiesel haben es ihm angetan. “Mir gefällt es hier gut, besteht die Möglichkeit, dass wir auf Ihrem Gelände übernachten können?“ “Ja, ich zeige euch einen Platz wo Ruhe herrscht und auch die Kiesförderung nicht mehr zu hören ist.“ Der Passat des Anlagenbesitzers wirbelt ordentlich Staub auf, er fährt vor uns bis an die Stelle, die er für uns ausgesucht hat. Mit dem LKW in diesem Stück Wüste ohne Vegetation im Staub des Vorausfahrenden, das hat etwas von der Dakar Rallye. Zwar nur für Minuten, dennoch ist es nach 4 Wochen Tour ein neuer Eindruck. Ein Steilhang führt hinab zu einem kleinen Baggersee. Zwischen Steinhaufen ist der W50 gut geschützt und auch von Weitem kaum noch zu sehen. Am Grill ist heute Abend irgendwas anders. Die Mücken! Am Auto und am Steilhang zum See sind sie sofort da. Den Grillplatz haben wir ins offene Gelände gelegt und der permanente Wind sorgt dafür, dass die Mücken sich hier nicht halten können. Es wird spät, beim Knistern unseres Feuers fühlen wir uns wie in Tierfilme über Afrika versetzt, wo abends unter sternenklarem Himmel Kameraeinstellungen gefahren werden, die geeignet sind, das Fernweh des Betrachters anzuheizen. Betrunken von Eindrücken gehen wir schlafen. Es ist 8:00 und unser Kaffee ist schon fast fertig. Die Sonne ist dermaßen hell, freie Landschaft und Kies wirken da noch wie ein Verstärker. Eigentlich noch nicht unsere Zeit aber bei so viel Licht kann keiner mehr schlafen. Draußen hält der Passat. Nils und Erik bekommen gleich einen Schokoriegel und mit einer Tüte duftend frischer Brötchen kommt der Unternehmer zu uns. Einen Kaffee schlägt er nicht ab. “In Polen lebt man gut! Ich möchte nicht wo anders sein!“ Auch wenn er es in englisch spricht, wirken solche Worte. Ich bin nicht bereit, das selbe über mein Land zu sagen. Warum soll ich am frühen Morgen heuchlerisch lügen. Zu viel Bürokratie, Überregulierung, Verbote und Verbote. Seit Jahren wird schlecht zurückreformiert und wahrscheinlich wird erst damit aufgehört, wenn der Stand des ausgehenden 19. Jahrhunderts erreicht worden ist. Die Infrastruktur wie in Polen mit Dorfschule und Läden selbst in kleinsten Orten kenne ich aus Deutschland auch noch, nur unsere Kinder müssen jetzt immer trister werdende Dörfer als gegeben kennen lernen, noch dazu kommt, dass unsere Dörfer das fünfte Rad an den Städten sind, von denen sie eingemeindet wurden. “Wir kommen wieder, wenn uns der Weg hier in der Nähe lang führt! Wenn ich eine Straußenfarm plane, weiß ich auch wo ich mich hinwenden kann.“ “Heute abend sind wir wieder zu Hause, weißt du das?“ Susanne schaut in den polnischen Straßenatlas. In Boleslawich im Supermarkt machen wir den Wocheneinkauf, an die Preise haben wir uns gewöhnt, in Deutschland müssen wir auch so früh genug wieder einkaufen. Die letzten Kilometer Richtung Görlitz wird es an der Straße immer bunter. Gartenzwerge von winzig bis fast menschliche Lebensgröße. “Wer kauft so was?“ “Russische Waffenhändler, denke ich! Die können mit denen auf lustige Art die neusten Mordwerkzeuge testen.“

Zwischen den Kapiteln.
Wir sitzen am Grill. Zwei Kilo polnische Standardwurst warten auf ihren Auftritt. Meine Eltern, mein Bruder, die Großeltern meiner Frau, alle haben Hunger und holen die Wurst vom Grill, kaum dass diese heiß ist. Wir wissen, nach einer halben Stunde auf dem Grill sind diese Würste gut, liegen sie länger werden sie noch besser. Wir nehmen uns die Zeit. “Da habt ihr ja was erlebt, toll! Nächstes Jahr fahrt ihr mal wohin, wo es richtig schön ist!“ “Was bei den Polen hat es euch gefallen? Dort sieht es doch aus! Da kam jetzt ein Bericht, wie die Menschen in Litauen auf dem Schutt leben, ist das nicht schlimm. Die werden uns was kosten in der EU! Haben die schon Straßen dort?“ “Was, einen Jachthafen? Ja, ja, wie die Bonzen damals bei uns! Wenn die Deutschland und Europa nicht hätten, wären die lange untergegangen!“ “Ich muss nicht dort hin und mir das Elend ansehen!“ Das prallt alles an mir ab, ich habe auch gar keine Lust, etwas zu kommentieren, zu fest sitzen die Vorurteile aus dem Griebenblatt mit 4 Buchstaben. Viele Berichte im Fernsehen hauen in die selbe Kerbe. Solange die Sau nur ihren Stall kennt, solange denkt sie es geht ihr gut. Und wieso nur muss das heute schon losgehen. Die Dörfer in Mecklenburg haben den schlimmsten in Polen in nichts nachgestanden. Der einzige Unterschied ist, in Polen leben die Menschen dort noch, bei uns herrscht Totenstille. Wie eine Filmkulisse nach Drehschluss. “Aber zu den Russen müsst ihr jetzt nicht mehr fahren, ihr habt doch genug gesehen!?“ Mir reicht es! “Mehr denn je will ich hin, jetzt wissen wir auch was wir noch brauchen und auf was wir achten müssen.“ “Das ist Wahnsinn mit den Kindern und wie viele seid ihr dann überhaupt?“ “Einer war an der BAM und hat auch einen W50, die Klapproths aus dem Harz machen so was öfters und haben einen L60, Els hat einen Landrover und dann kommt noch einer mit einer MZ mit Seitenwagen mit. Das sind nur die sichereren Kandidaten. Leute mit Robur, Ural und VW-LT haben angefragt, und selbst wenn alle abspringen, ich fahre!“ Das war kein Argument. Geflunkert habe ich nun auch, so ist sicher, die Klapproths werden nicht mitkommen. Von den anderen ist auch wenig konkretes bei mir angekommen. Aber nur mit dieser Art Konfrontation kann ich hier kommen und Wind aus den Segeln nehmen. Ich bin verantwortungslos, werde enterbt, kann mir gar nicht vorstellen wie schrecklich Russland ist, ...! “Schlag dir das aus dem Kopf ! Die Kinder bleiben sowieso hier!“ Nils und Erik protestieren.

Rückblick: Kurz nach der Wende!
Ich laufe allein auf dem Feldweg zu meinen Eltern. Dir steht jetzt alles offen. An jedem Ort der Welt. Endlich kannst du den Beruf lernen, den du in der DDR nicht lernen durftest. Kaufen wovon du nur träumen konntest. Was will ich? Kfz-Mechaniker werden, einen Jeep und an den Baikalsee. Und wenn niemand mitkommt, ist egal, an den Baikalsee. Das war der Plan. Nicht dass mich jetzt, wo alle Wege offen stehen, andere Berufe, andere Autos, andere Seen und Gegenden nicht interessieren würden. Meine Mutter ist doch selbst schuld, warum abboniert sie Ende der 70er Jahre auch eine Russenzeitschrift. Als einzige im Ort hatte sie den Sputnik abonniert. Den konnte ich mit 10 Jahren bei meiner Oma auf der Dorfpost schon lesen, bevor er dann bei uns zu Hause im Briefkasten lag. Dann durfte ich ihn solange nicht in die Hand nehmen, bis meine Mutter alles gelesen hatte. Das was mich interessiert, hatte ich da aber schon gelesen. Meine Oma hat den Sputnik auch mal ein zwei Tage für mich vom Austragen zurückgestellt. Vor der Schule habe ich die Berichte dann verschlungen. Das durfte niemand wissen, meine Mutter schon gar nicht. Dieses kommunistische Ebenstück zu Readers Digest hatte den Baikalsee oft zum Thema, und der erste interessante Lesestoff prägt. Für die Ausbildung zum Kfz-Mechaniker musste ich ein Jahr nach Bayern, Neumarkt in der Oberpfalz. Ein bayrischeres Bayern gibt es wohl nicht. Das Wohnheim der katholischen Brüder war für uns drei aus Sachsen der erste Schock. Polsti, der nach missglückter Republikflucht alle Seiten der schönen neuen Welt inklusive Schuldenfalle mitgemacht hat, erträgt Bayern-Land und Leute nicht mehr. Nur ich bin geblieben die anderen beiden haben Bayern nicht lange ausgehalten. Die Bayern haben den Kraftverkehrsbetrieb in Chemnitz bekommen, so konnte ich die restliche Lehrzeit in Sachsen absolvieren. Aus dem Jeep wurde nichts, alles ersparte ging 1994 in den Kauf der Doppelhaushälfte, in der meine Oma in Sachsenburg nahe dem idyllisch gelegenem Schloss Sachsenburg lebte. Den Lada Niva habe ich, der vor der Wende auf meiner virtuellen Wunschliste stand, mittlerweile auch mehrere davon. Es ist zwar nicht der echte Jeep aber das Geld für diesen ist im Haus besser angelegt. Der Plan vom Baikalsee blieb. Ein Haus schluckt über Jahre alles an Geld, Zeit, Nerven und Urlaub. Eine richtige Reise, 1991 mit dem Moskwitch 412 nach Ungarn, dann Pause bis 2002. Träume, die eine solche Zeit überstehen sind durch niemanden in der Umsetzungsphase zu beeinflussen. Eine dicke Haut musste ich mir schon immer antrainieren. Mit der Schrottkiste, wie meine Eltern den W50 zu nennen pflegen, ist diese nur dicker geworden. Kaum steht der Laster mal ohne Räder und Bremstrommeln auf Böcken, geht es los. “Der wird ewig so stehen! Das bekommst du nicht wieder zusammen! Das ist doch alles Schrott! Es gibt so schöne Wohnmobile. Hier schau mal in der Zeitung: MB 100, 250000 Km, Hochdach, wenig Rost!“ Zugegeben bei letzterem läuft dann schon ein Schauer über den Rücken. Dann noch 10 mal lieber ein Barkas-Wohnmobil als so einen spanischen Versuch eines Autos. Wenn ich was nicht ausstehen kann, dann übergut gelaunte Amerikaner bei denen jede gequirlte Scheiße noch very nice ist. Noch schlimmer sind Deutsche, die auf die selbe Art die Stimmung im Land zu heben versuchen. Mittlerweile muss ein Großteil der Deutschen auf „Denk positiv„ und anderen Motivations-Seminaren gewesen sein, nicht jeder scheint danach unbeschadet durchs weitere reale Leben zu kommen. Bei meinen Eltern ist das Gegenteil der Fall, zumindest bei allem, was mit dem großen Sohn zu tun hat. Ich wäre manchmal schon froh, wenn einer von ihnen einfach wortlos vorüber gehen würde. Ich komme mir bei allen wie der Prophet im eigenen Lande vor. Und wenn es gestern bewiesen worden wäre. Wenn ich so etwas dann als Argument verwende, muss es falsch sein. Einem Dahergelaufenen wird dann Wochen später dasselbe und viel mehr geglaubt. Noch am Telefon werden Verträge geschlossen, die ich dann rückgängig machen soll. Ich habe gesagt durch den Wechsel der Telefongesellschaft sparen sie Geld. Nun kommen zwei Rechnungen und der Gesamtbetrag ist doppelt so hoch. Es kommt eben darauf an, dass man es nicht nur macht, sondern auch recherchiert, wo es sich lohnt. Das Werbeblatt, das ich damals zum informieren mitbrachte, war keines Blickes Wert. Also da bin ich schuld? Ja! Das hatte ich nicht dazu gesagt, dass es auch schlechte Angebote gibt. Sie wollten den Kapitalismus mehr als ich, nur zurecht kommen sie damit auch nicht. Also enterbt soll ich werden, wenn ich die Enkel, meine Kinder mit in den Urlaub nehme. Die Kredite für die Schwimmschule in einem Topf mit dem Wert des Hauses und Grundstückes gibt immer noch eine Eisschicht im Topf. Wenn ich diese Schulden nicht erben will, muss ich also mit meinen Kindern fahren. So viel Sarkasmus würden meine Eltern nicht verstehen, ein Kabarett braucht solche Vergleiche. Mein Kabarett im Kopf amüsiert sich darüber, doch meinen Eltern gebe ich der Verständlichkeit halber mit deutlichen Worten zu verstehen das ich auch durch Erpressung nicht von meinem Plan abzuhalten bin. Selbst dann nicht, wenn es was zu erben gäbe! Wenn Susanne mit den Kindern dableiben will, ist das was anderes, ich zwinge niemanden.


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Das Werk in Form nicht bearbeitbarer Textdatein stelle ich jeglichen Gesetzlichkeiten und Gewohnheiten der Autorenschaft und der Wirtschaft zur Verwunderung, als Vorbild in sich wandelnden Zeiten zum privaten Download bereit.
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Ein Buch, das Sie hier kaufen können, aber als Datei ohne Bilder auch kostenlos und rechtmäßig "be-ziehen" können. Das ist meine Art der Leseprobe!

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